Mit Franz Werfel zu einer beeindruckenden Forscherkarriere – Timofiy Havryliv erzählt

28. März 2023 AlumniStipendiumForscher/innen
Tymofiy Havryliv studierte in der Ukraine und in Deutschland Germanistik, Literaturwissenschaft und Philosophie und kam mit einem Franz Werfel-Stipendium nach Österreich. Neben dem Verfassen zahlreicher eigener Bücher hat er viele österreichische Autorinnen und Autoren wie Nestroy, Celan, Trakl, Roth, Bernhard oder Jelinek ins Ukrainische übersetzt. Soeben ist sein fünfter Roman erschienen. Im Folgenden erzählt er, wie das Franz Werfel-Stipendium seine Laufbahn geprägt hat.

Erinnern Sie sich noch, warum Sie sich entschieden haben, Germanistik bzw. Literaturwissenschaft zu studieren?

Timofiy: Ich habe 1988 in Lviv mit dem Studium der Germanistik begonnen und im Rahmen der Germanistik auch Literatur studiert. Nach meinem Studium habe ich auch noch ein Semester Philosophie in Freiburg im Breisgau studiert und eine Prüfung über Heideggers Philosophie abgelegt. Dazwischen bin ich immer wieder nach Deutschland und später Österreich gereist. Bei mir war der Anfang ähnlich wie bei meiner Frau. Ich komme aus Iwano-Frankiwsk, das war einst Stanislau. Die Nummernschilder am Auto meiner Eltern hatten noch S und JA, das war noch bis 1962 Stanislau. Nach 1962 ist die Stadt dann umbenannt worden in Iwano-Frankiwsk zu Ehren des großen Schriftstellers, Ethnografen und Wissenschaftlers Iwano Franko, der seinerzeit auch an der Universität Wien promoviert hat. Ich wurde von meinen Eltern ebenfalls in eine Schule mit erweitertem Deutschunterricht geschickt. Der einzige Grund war, dass mein Bruder diese Schule bereits besuchte und sie ungefähr gleich weit entfernt von zu Hause war wie die drei anderen Schulen in der Umgebung. So bin ich in diese Schule gekommen, aber die Sprache, die Literatur, die hat von Anfang an mein Interesse geweckt. Auf jeden Fall fiel mir Deutsch und die Sprache und Literatur ziemlich leicht. Ich hatte immer ein offenes Ohr, ohne mir dessen bewusst zu sein, aber dann wurde es mir immer bewusster.

Im Vergleich zu Lviv war Iwano-Frankiwsk eine geschlossene Garnisonsstadt, es gab ziemlich viel russisches Militär, das heißt, auch von außerhalb war es nicht so leicht, hineinzukommen. Die Sowjets, die Russen, hatten irgendwo in der Nähe der Stadt ihre atomaren Sprengkörper gegen den Westen gerichtet und stationiert gehabt. Das heißt, ich konnte mir damals nicht einmal vorstellen, dass ich Deutsch irgendwann gebrauchen werde, außer um die Bücher zu lesen, die zugänglich waren und dann selbst zu unterrichten oder die Literatur zu erforschen, die zur Verfügung stand.

Ideologische Entfernungen

Im Klassenzimmer für Geographie gab es eine Landkarte, wo von Iwano-Frankiwsk aus die Entfernungen zu unterschiedlichen Metropolen eingezeichnet waren. Die Ideologen haben wahrscheinlich etwas übersehen, denn da war eine Linie – ich erinnere mich bis heute daran – da war eine Linie von Iwano-Frankiwsk nach Berlin, nach Wien gab es keine, und die war wirklich viel kürzer als die nach Moskau. Das hat mich auch irgendwie beeindruckt, allein diese Linienlänge, weil ideologisch bedingt waren diese Entfernungen so verkehrt, dass es so schien, als ob es so weit entfernt wäre wie auf einem anderen Planeten. Auch dadurch, dass viele Restriktionen da waren, Reiseeinschränkungen – ich brauche von Reisefreiheit überhaupt gar nicht zu reden. Es war nicht einmal für einen sowjetischen Bürger oder eine sowjetische Bürgerin möglich, so einfach in die Tschechoslowakei oder nach Ungarn zu fahren. Dann bin ich an die Universität in Lviv gekommen und wir haben dann zusammen Germanistik studiert.

Berührung mit Joseph Roth, einem Landsmann

Noch zu diesen ganz frühen Kontakten zu Deutsch: Irgendwann Anfang der 80er Jahre bin ich in der Bibliothek meines Bruders auf ein Buch des Autors Joseph Roth, „Radetzkymarsch“, in der russischen Übersetzung gestoßen. Damals war ich noch zu jung, mit 11, 12 oder 13 Jahren, ich habe im Buch geblättert und es hat mich damals nicht angesprochen. Aber das Vorwort! Ich habe das Vorwort gelesen und da war der allgemeine Lebenslauf und das Schaffenswerk beschrieben und da stand, dass er aus Galizien stammte. Damals hatte ich noch keine Ahnung davon, was Galizien ist. Ja gut, es hat in der Nähe die Stadt Halytsch gegeben, wo auch der Name herkommt. Das heißt, die Geschichte Galiziens geht wesentlich länger in die Vergangenheit zurück als nur das österreichische Zeitalter von Galizien.

Es war merkwürdig, es war für mich, als ob Joseph Roth von weit weg kommt, Galizien liegt was weiß ich wo. Dann während des Studiums habe ich ihn schon gelesen, es gab etliche Bücher, sogar in Deutsch, die DDR-Ausgaben in der wissenschaftlichen Bibliothek. Da bin ich draufgekommen, dass Joseph Roth mein Landsmann ist, und das hat, glaube ich, eine ziemliche Bewusstseinsveränderung herbeigeführt. Der richtige Anstoß für mein Interesse an der deutschen Literatur war aber dann die Österreich-Bibliothek, die kurz nach der Wende in Lviv eingerichtet wurde. Das waren, glaube ich, die ersten zwei Österreich-Bibliotheken in der Ukraine überhaupt, die eine in Kyiv und die andere in Lviv. Einer meiner Kollegen hat mich darauf aufmerksam gemacht und wir sind dann hingegangen. Dort habe ich dann alle großen Autoren kennengelernt, deren Namen ich gar nicht gekannt habe. Viele haben mich angesprochen und ich habe auch viele übersetzt. Das war der Ort der ersten wirklich bewussten Berührung mit dem Reichtum vor allem der österreichischen Literatur, und so bin ich dann langsam über die österreichische Bibliothek von der deutschen, sagen wir Weimarer Klassik oder Romantik wie Heine oder Büchner, zunehmend immer mehr zur österreichischen Literatur gekommen. Zu Trakl, der während des 1. Weltkriegs in der Ukraine war, aber auch zu Celan oder Rose Ausländer, die aus der Ukraine, nämlich aus Černivci (zu Deutsch Czernowitz) in der Bukowina stammten. Das hat mich so fasziniert, dass ich angefangen habe, diese Autorinnen und Autoren, vor allem die, die einen gemeinsamen Bezug zur Region hatten, zu erforschen und zu übersetzen. Ich habe in den 90er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts und Anfang der Nullerjahre des einundzwanzigsten Jahrhunderts ziemlich viele österreichische Autorinnen und Autoren ins Ukrainische übersetzt. Die österreichische Bibliothek hat in meinem Werdegang eine grundlegende Rolle für mein Interesse an der österreichischen Literatur gespielt. Und später bin ich dann das erste Mal nach Wien zu einem einmonatigen Deutschkurs im August gekommen.

Warum haben Sie sich für Österreich entschieden?

Bei mir war daher das Entscheidende die Österreich-Bibliothek und die Entdeckung neuer Autorinnen und Autoren. Das ging dann automatisch. Natürlich habe ich weiterhin auch die deutschen Autorinnen und Autoren gelesen, aber mein Augenmerk galt schon der österreichischen Literatur. Der Start bzw. die große Entdeckung war die Eröffnung der Österreich-Bibliothek 1992. Und der nächste Schritt war 1998. Damals wurde in der Ukraine die erste Anthologie der österreichischen Lyrik vorgestellt und ich war der jüngste Übersetzer einiger Texte, einiger Autorinnen und Autoren, darunter Hermann Broch, Christine Lavant. Es gab eine sehr große Gruppenpräsentation in Kyiv und bei dieser Präsentation war auch Prof. Schmidt-Dengler dabei. In diesem Rahmen wurde, glaube ich, auch sehr kurz das Franz Werfel-Programm vorgestellt. Das hat mir gefallen. Ich bin dann hingegangen und habe mich informiert, dann habe ich auch Prof. Schmidt-Dengler wegen der Betreuung angeschrieben und er hat sofort eingewilligt.

Von 1999-2001 war ich dann mit einigen Unterbrechungen Franz Werfel-Stipendiat. Zwei Jahre lang bzw. etwas länger, weil ich auch dazwischen in der Ukraine unterrichtet habe und kurz hier am Institut für die Wissenschaften vom Menschen ein Übersetzungsprojekt hatte, wo ich einen deutschen Autor bzw. Wissenschaftler, Hans-Georg Gadamer, übersetzt habe. Ich habe seine poetischen und essayistischen Texte zur Lyrik, darunter auch ein bisschen zur österreichischen Literatur wie Paul Celan, ins Ukrainische übersetzt. Das war dann das wichtigste und schon das Fundament für meine Österreichforschungen, meine Österreichreisen, für mein Interesse an Österreich und seiner Literatur und Kultur.

Das Gute an diesem Programm war und ist, und das sage ich immer, wenn ich dieses Programm in der Ukraine weiterempfehle, dass es auch eine Nachbetreuung gibt. Das heißt, mit dem Ende des Stipendiums ist nicht endgültig Schluss, es gibt eine Fortdauer, und das ist ziemlich wichtig. Dies hat auch mir persönlich sehr stark geholfen, sodass ich einige wissenschaftliche Bücher über die österreichische Literatur verfasst habe. Eines davon auch in deutscher Sprache, und alle sind jetzt zu Nachschlagewerken an den ukrainischen Universitäten geworden. Österreichische Literatur wird nicht als eigenständiges Fach angeboten, aber wenn ich es mit der Zeit, in der ich studiert habe, vergleiche, ist die österreichische Literatur – auch die Literatur der 2. Republik bis in die Gegenwart hinein – relativ gut vertreten. Bis in die 90er Jahre hinein war sie an den Universitäten so gut wie nicht vertreten und auch nicht erforscht. Da hat sich doch in diesen 20, 25 bis 30 Jahren sehr viel in dieser Richtung verändert.

Werfeltagungen

Ich kenne kein so gut konzipiertes Programm wie Franz Werfel, auch wegen dieser Tagungen, die jährlich stattfinden und wo dann auch ein wissenschaftlicher Band zusammengestellt wird, was ziemlich wichtig ist. Es gewinnt immer mehr an Autorität, das heißt, es wird immer repräsentativer. Es gibt auch viel mehr Interesse und Echo von Seiten der anderen Germanistikinstitute in anderen Ländern an diesen Texten und Bänden in Österreich und auch in Deutschland. Ich glaube, das Programm war anfangs eher mitteleuropäisch angelegt, aber dann hat es sich ausgewachsen. Wir hatten auch ziemlich interessante Forscherinnen und Forscher aus den USA oder den afrikanischen Staaten, die mit ihrem anderen Blick und einer anderen Herangehensweise gekommen sind, wo ich dann auch etwas für mich gelernt habe, nicht nur aus Bibliotheken, sondern wie Menschen in unterschiedlichen Kulturen auch wissenschaftlich forschen. Es ist immer ziemlich ähnlich, aber doch irgendwie auch anders.

Werfelianer

Es gibt auch eine Werfelianer-Community, eine Plattform, eine Website innerhalb des OeAD. Wir sind auch immer in gegenseitigem Briefwechsel und sind immer alle in CC dabei, wenn jemand angeschrieben wird. In Szeged in Ungarn war eine Konferenz bzw. Tagung, zu der mich Attila Bombitz, ebenso ein ehemaliger Werfel-Stipendiat, eingeladen hat. Attila Bombitz hat kürzlich bei der Buch Wien 2022 einen Band vorgestellt, zu dem er auch mich eingeladen hat, was auch durch Werfel passiert ist. Es handelt sich um einen ziemlich interessanten Band zu den Nachforschungen und Übersetzungen der österreichischen Literatur in andere Sprachen, neuere Blickwinkel. Da ist dann zum Beispiel ein Text von mir zu den Übersetzungen der österreichischen Literatur ins Ukrainische dabei. Auch ein bisschen mit Rückblick auf die Tradition der Übersetzung, die kaum bekannt ist, auch in der Ukraine nicht, weil diese Übersetzungen bereits Ende des 19. Jahrhunderts begonnen haben. Dieser Austausch zwischen der Ukraine, vor allem der Westukraine, solange sie noch nicht zum Sowjetreich gehört hat, zwischen den Staaten, Ländern und Kulturen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war ziemlich intensiv. Iwan Kruschelnyzkyj war zum Beispiel ein sehr repräsentativer Dichter und Lyriker für das westukrainische literarische Bewusstsein. Er stand im Briefwechsel mit Hugo von Hofmannsthal, von dessen Ästhetik er ziemlich beeinflusst war, und es gibt ein schmales Bändchen ihres Briefwechsels.

Welchen Einfluss hatte der Stipendienaufenthalt auf Ihre persönliche und berufliche Entwicklung?

Es hat mich sehr positiv und stark beeinflusst bis hinein in das Alltägliche. Während dieser Zeit waren wir nicht gezwungen, uns um unser Überleben zu kümmern, sondern wir hatten Zeit, zu forschen und uns fortzubilden. Das war ziemlich wichtig vor allem in diesen 90er Jahren, die für die Ukraine wirtschaftlich sehr krisenhaft waren.

Von 2004-2006 sowie 2008-2012 organisierte Oksana Havryliv eine Vortragsreihe in Lviv, zu der viele bekannte Historikerinnen und Historiker, Naturwissenschaftler/innen und Fachleute gekommen sind. Als Elfriede Jelinek den Nobelpreis erhielt, hat auch Timofiy zwei Vorträge gehalten, die sehr gut besucht waren.

Der Nobelpreis war sehr frisch, es wurde Mitte Oktober bekannt, dass sie die Nobelpreisträgerin geworden ist. Da habe ich spontan und wahrscheinlich als Erster in der Ukraine die ersten Vorträge gehalten und ihr vielseitiges Schaffen nicht nur mit Büchern, sondern auch mit visuellen Medien vorgestellt. Das war damals ziemlich gelungen.

Anhand dieses persönlichen, privaten, aber auch wissenschaftlichen Werdegangs, wenn man sich das dann verallgemeinert anschaut, wird dieser Prozess des Zusammenwachsens dessen, was durch das sowjetische totalitäre Regime auf einmal zerrissen war, und zwar sehr brutal und scharf, an mehreren solcher Biographien sichtbar. Es wächst jetzt zusammen durch die Nachforschungen, durch die gegenseitigen Reisen. Das ist dann der lange, und jetzt durch die russische Aggression und Invasion blutige, Weg der Rückkehr der Ukrainerinnen und Ukrainer in die europäische Gemeinschaft, wo sie immer auch hingehört haben.

Noch eine wichtige Facette: Im Rahmen dieser Werfel-Kommunikation kommt es dann zu diesen Querverbindungen und Querveranstaltungen auf anderem Terrain in Mitteleuropa. Das ist auch sehr wichtig. Es sind dann zum Beispiel Projekte von ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten in Tschechien, in Polen oder in Ungarn entstanden, wo dann die anderen Werfelianerinnen und Werfelianer eingeladen wurden, und es sind dann die Bücher entstanden. Es ist über diesen engeren Wiener Kreis hinausgewachsen, aber immer mit Bezug zu Wien und zum Werfel-Stipendium. Die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Österreichbezug sind auch Multitalente. Mein Interesse an Literatur ist auch vielseitig, weil ich lese, schreibe, forsche und übersetze. Das ist vielfältig, Literatur interessiert mich in jeglicher Hinsicht.

2009 habe ich an der Humboldt-Universität ein Semester lang unterrichtet, darunter auch ein Seminar über die deutschsprachige Literatur aus Galizien abgehalten, zu diesem kulturellen Erbe von Österreich und der Ukraine, da war mir wieder Franz Werfel hilfreich.

Wie beeinflusst die Schimpfforschung Ihrer Frau Ihre Arbeit oder Übersetzung?

Zum einen bin ich auf dem Laufenden und zum anderen ist wissenschaftlich vieles klar, wenn ich etwas bei Schriftstellerinnen und Schriftstellern dieser experimentellen Generation nach dem 2. Weltkrieg lese, die sehr viel an Schimpfwörtern und Schimpfkonstruktionen in ihren Texten verwenden. Das heißt, es gibt auch für mich fast kein Wort mehr, das ich nicht verstehe. Das erleichtert mir die Lektüre und dass ich dann den Inhalt komplett verstehen kann. Wenn ich es dann komplett verstehen kann, dann kann ich auch zu einem bestimmten Thema oder zu einem bestimmten Buch schreiben. Das heißt, diese wissenschaftliche Seite, aber auch persönliche Seite für mein Schaffen, das hat mich bereichert und mir den Zugang zur Verwendung bestimmter Schimpfwörter in meinen Texten erleichtert, wo sie dann natürlich motiviert sind von den Situationen, denn es gab diese Art von Literatur bei uns nicht. Es gab zwar die 60er Jahre, die auch, soweit es in der Sowjetunion überhaupt möglich war, mehr oder weniger experimentell ausgerichtet waren. Aber das Schimpfen war verpönt und verboten, ich glaube es war in der Sowjetunion sogar mit Gefängnisstrafen bedroht. Das heißt, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben es gemieden. Es ist in Russland auch heute von Putin wieder verboten.

Ich habe auch keine Schwierigkeiten mit dem Forschungsstoff, weil zum einen Literatur immer weitergeschrieben wird und zum anderen die klassischen und älteren Texte immer wieder neu gelesen werden können und müssen, es muss neue Interpretationen sowie Blickwinkel, Theorien, Herangehensweisen geben. Diese Auffrischung, es neu zu lesen, ist immer wichtig. Der Stoff geht für einen Literaturwissenschaftler oder eine Literaturwissenschaftlerin nie aus. Und das freut mich.

Haben Sie noch Tipps für Werfel-Bewerberinnen und -Bewerber?

Für die Erstanträge gelten die allgemeinen Tipps und Regeln, da sehe ich keine Besonderheiten. Nur das Allgemeine, das Interesse muss da sein. Man muss einen Kontakt zu einem Professor oder einer Professorin in Österreich finden, der oder die einen betreuen wird. Es wäre schön, wenn man schon etwas in Richtung der österreichischen Literatur macht, nicht nur die deutsche Sprache. Die ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten sind nämlich als Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer gekommen, gar nicht einmal als Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftler. Damals war die Literatur im Allgemeinen benachteiligt. Die Sprache wurde so forciert und in einem viel größeren Umfang angeboten. Ich bin auch von der Sprachwissenschaft zur Literatur gekommen, weil es die Literaturwissenschaft nur eingeschränkt, geschweige denn die Austriazistik, gegeben hat.

Sich trauen

Das Revue-Passieren meiner Geschichte hilft vielleicht jüngeren Leuten, die sich bewerben, die sich trauen. Ich würde auch sagen, man muss sich trauen, ich glaube das Franz Werfel-Programm ist sehr gut durchdacht. Aber ich weiß nicht, warum so wenige es wagen, sich zu bewerben. Wahrscheinlich denken viele, es ist schon zu gehoben, zu stark und zu hoch etabliert. Das ist aber nicht so. Beim Erstantritt reicht es, wenn man sich wirklich für die Literatur und für Literaturwissenschaft interessiert und schon ein bisschen Erfahrung hat. Die Bewerbung auf Deutsch ist auch ein sehr großer Vorteil für Germanistinnen und Germanisten, weil viele Germanistinnen und Germanisten natürlich viel besser Deutsch können als Englisch. Bei den anderen wissenschaftlichen Fonds muss man jetzt selbst für die Germanistik in Englisch einreichen.

 

Franz Werfel Tagung 2023

Am 31. März und 1. April 2023 findet in Wien die diesjährige Fachtagung der Franz-Werfel- Stipendiatinnen und -Stipendiaten zum Thema „Mehrsprachigkeit – Polyphonie“ statt.

 

Links:

Interview mit Oksana Havryliv

Oksana und Timofiy über die Bedeutung, sich in schwierigen Zeiten der Wissenschaft zuzuwenden