Im Rahmen des interaktiven Online-Workshops „‘Citizen-Science-Fail-Session‘, oder wie man aus einer Fishbowl ein Haifischbecken macht“ waren Forschende am 16. September 2020 eingeladen, über ihre Erfahrungen mit „Fehlern“ in Citizen-Science-Projekten zu diskutieren und daraus zu lernen.
Gerade in Citizen-Science-Projekten zwingen einen unvorhergesehene Situationen immer wieder zu einem kreativen Umdenken. Der vermeintliche Mehraufwand bringt das Projekt allerdings nicht nur voran, sondern fördert manchmal Resultate zu Tage, die man bei der Antragstellung noch gar nicht kennen konnte. Diese „Fehler“ haben oftmals sogar einen höheren Informationsgehalt als die publizierbaren Resultate.
Fehler? Welche Fehler?
Im Vorfeld der Session waren Citizen-Science-Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter eingeladen, ihre Einstellung bezüglich Fehlern preis zu geben. Sind Fehler ein natürlicher Teil des wissenschaftlichen Prozesses oder bei guter Planung vermeidbar? Wie gehen Forschende damit um? Erzählen sie Kolleginnen und Kollegen davon, „beichten“ sie diese auf Konferenzen oder publizieren sie sogar dazu? Die Ergebnisse zeigten, dass die Community gar nicht so verschlossen ist, wie man bei diesem sensiblen Thema vielleicht annehmen würde. Luft nach oben ist aber allemal.
Aus dem Nähkästchen geplaudert
Im Laufe des Workshops teilten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf vielen bunten digitalen Post-Its ihre Erfahrungen und hielten nicht nur die Kategorie der Fehler fest – z.B. Projekt-Idee, Zeitmanagement, Methodik, Kommunikation – sondern gaben auch Einblick, in welcher Projektphase welche Fehler ihnen genau passiert waren. An dieser Stelle traten fünf Forschende (und Workshop-Mitgestalterinnen und -Mitgestalter) ins Rampenlicht der Session und plauderten aus ihrem ganz persönlich-wissenschaftlichem Nähkästchen. Marlene Ernst, Gastrosophin der Universität Salzburg, sprach darüber, dass zu viel Entgegenkommen bei Terminen für Citizen Scientists nicht unbedingt notwendig sei, wenn diese wirkliches Interesse zeigen würden. Thomas Hübner, Phänologe bei der ZAMG Wien, erzählte von trickreichen Schülerinnen und Schülern, die zwar sehr kreativ wurden, um bei einem Wettbewerb zu gewinnen, aber dadurch unbrauchbare Daten produzierten. Barbara Heinisch, Linguistin an der Universität Wien, offenbarte, dass ein guter Plan und eine starke Einbindung von Citizen Scientists auch nach hinten losgehen können, wenn das Angebot nicht angenommen wird. Johannes Rüdisser, Entomologe an der Universität Innsbruck, machte klar, dass Citizen Scientists manchmal mehr Anweisung brauchten, weil sie mit wissenschaftlichem Arbeiten nicht vertraut waren, als man als Forschender vielleicht denken würde. Last but not least berichtete Didone Frigerio, Verhaltensbiologin der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle der Universität Wien, von einer großen Überraschung als sich der geplante Schulkooperationspartner plötzlich mitten im Projekt entschied auf die weitere Teilnahme zu verzichten.
So viele Fails – was nun?
Um diesen großen Erfahrungsschatz in der Citizen-Science-Community aufzufangen und Projekte von Anfang an besser aufzustellen, endete die Session mit einer gemeinsamen Erarbeitung von Anti-Fail-Tipps und einer „Wunschliste“, die Ideen auf einer Meta-Ebene beinhaltete. Klare Botschaft am Ende des Workshops ist jedoch: Fehler sind Teil des Prozesses. Sprecht darüber und lernt voneinander!
Organisiert wurde die Session von der Universität Innsbruck und dem Zentrum für Citizen Science mit Beteiligung der Universität Wien, der ZAMG Wien und der Universität Salzburg.