Zum Hauptinhalt springen Zum Footer springen Zum Ende der Navigation springen Zum Beginn der Navigation springen
Zur Übersicht
Foto von Franz Werfel, umkreist von einer Collage mit Gesichtern.
© OeNB/Werfel Stipendiatinnen/Eva Muellner Das Stipendium wurde 1992 ins Leben gerufen.

60 Jahre OeAD: Das Franz-Werfel-Stipendienprogramm

Stipendiatinnen und Stipendiaten berichten über die trügerisch geschlossenen Augen Wendelin Schmidt-Denglers, den violetten Morgenmantel Doderers und eine ins Stocken geratene Elefantensuche.
6 min lesen · 22. April 2021

Im Nachklang zur diesjährigen Jahrestagung der Franz-Werfel-Stipendiatinnen und -Stipendiaten am 16. und 17. April wurde ich gebeten anlässlich 60 Jahre OeAD über das Franz-Werfel-Stipendium zu schreiben. Eine sehr schöne, aber auch sehr herausfordernde Aufgabe. Über das Franz-Werfel-Stipendium gibt es sehr viel zu erzählen, von nüchternen Daten und Fakten – was ist das Werfel-Stipendium, wer kann sich bewerben, was sind die Voraussetzungen – bis hin zu dem was das ganz Besondere am Werfel-Stipendienprogramm ist. Oder wie schon Gabor Kerekes, ein Werfelianer aus Ungarn sagt: „Es ist schwer über das Werfel-Stipendium kurz zu schreiben, denn sehr viele verschiedene Aspekte drängen sich auf: fachliche und private, vernunftgesteuerte und emotionale ...“

Alles was über das Werfel-Stipendium gesagt werden kann ist wichtig, lässt vielleicht Interessierte sich näher damit befassen, gibt Einblicke in die Vielfalt dieses Programms, lässt jedoch nicht auf die Menschen dahinter blicken, auf diejenigen, die das Werfel-Programm in den 29 Jahren seines Bestehens zu dem gemacht haben was es heute ist, – die Werfelianerinnen und Werfelianer. Daher sollen hier auch sie zu Wort kommen.

Das Franz-Werfel-Stipendium zur Förderung der Forschung und Lehre der österreichischen Literatur richtet sich an Universitätslehrende aus der ganzen Welt, die sich schwerpunktmäßig mit österreichischer Literatur beschäftigen. Durch regelmäßige Fachtreffen während des Stipendiums in Österreich und die jährliche Werfel-Tagung für die Absolventinnen und Absolventen im Rahmen der Nachbetreuung ist ein internationales Netzwerk von engagierten Germanistinnen und Germanisten entstanden. Zahlreiche gemeinsam organisierte Konferenzen und Publikationen zeugen vom engen wissenschaftlichen und persönlichen Austausch der Werfel-Community.

Das FW-Stipendium wurde 1992 ins Leben gerufen, der damalige Wissenschaftsminister Erhard Busek entschied im Zuge der Namensüberlegungen „Werfel wäre am besten“, so auch nachzulesen im Gründungsakt. Erster und prägender wissenschaftlicher Leiter des Programms war der unvergessliche Wendelin Schmidt-Dengler, nach seinem frühen Tod gefolgt von Konstanze Fliedl, die im Jahr 2020 von Werner Michler abgelöst wurde. Der OeAD ist seit Anfang an für die Abwicklung dieses Programms zuständig. Heute zählen wir in der Nachbetreuung über 70 Werfelianer/innen aus der ganzen Welt, insgesamt gibt es bisher etwa 140 Stipendiatinnen und Stipendiaten.

2021 fanden die bereits 17. Werfel-Tagung und die 12. Wendelin-Schmidt-Dengler-Lesung statt. Die Lesung ist seit dem unerwarteten Ableben des großen Wendelin Schmidt-Dengler im Jahr 2008 seit 2009 fixer Bestandteil der Tagung. Im Rahmen der Wendelin-Schmidt-Dengler-Lesung tragen österreichische Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus ihren Werken vor, Passagen daraus werden von Werfel-Stipendiatinnen und -Stipendiaten in ihre jeweilige Landessprache übersetzt, was oft zu einer Herausforderung werden kann. Als im Jahr 2010 Frederike Mayröcker aus ihren Gedichten vortrug, stand der Übersetzer aus Kamerun vor der Herausforderung, das Wort Schnee zu übersetzten, in eine Sprache, die dieses Wort nicht kennt.

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums im Jahr 2017 gaben meine Kollegin Eva Müllner und ich eine Publikation über das Werfel-Programm heraus. Daraus sollen nun drei Werfelianerinnen und Werfelianer als Beispiele für die Vielfalt und Besonderheit dieses Programms zu Wort kommen:

Die während der Seminare trügerisch geschlossenen Augen von Wendelin Schmidt-Dengler, die Zeichenkünste und haarscharfen kritischen Anmerkungen von Konstanze Fliedl, die klugbrummende Kommentarstimme von Michael Rohrwasser – ohne sie wären das Werfel-Stipendium und die Jahrestagungen unvorstellbar. … Kaum ein anderes wissenschaftliches Austauschprogramm vermochte und vermag es, eine derartig engagierte internationale Gemeinde von Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftlern aufzustellen und ihre Zusammenarbeit langfristig zu sichern. Die Jahrestreffen mit ihren basisdemokratisch gewählten Themen zeigen immer wieder, was für ein reiches Input von den sehr heterogenen Wissenskulturen ausgeht und welche – auch wissenschaftspolitisch relevanten – Synergien dadurch entstehen …
(Katalin Teller, Ungarn)

In den zwei Jahren des Werfel-Stipendiums entdeckte ich die Bibliothek als einen Ort, der mich aufnimmt, der einen Rückzug ermöglicht. Einmal vertraut geworden mit den Ritualen der Österreichischen Nationalbibliothek und der Unibibliothek Wien, traute ich mich bald auch in exotischere Regionen. Die Recherche zum Wiener Aktionismus führte mich zu kleineren Bibliotheken der Fachbereiche der Wiener Uni (Theaterwissenschaft gehörte wegen ihrer Lage – im Herzen der Hofburg ‒ zu meinen Favoriten), aber auch zu Beständen des Museums Ludwig und des MAK. Den Weg zum Österreichischen Literaturarchiv fanden wir – die Werfel-StipendiatInnen ‒ ohnehin öfters wegen der monatlichen Treffen mit Professor Schmidt-Dengler. Dort hing in seinem Büro der Morgenmantel Doderers, und vielleicht war es dieses violette Accessoire aus der intimen Existenz des Dichters, das in mir das Gefühl der Geborgenheit im Kontext der Bibliothek festigte …
(Kalina Kupczynska, Polen)

Nun, wenn ich die letzten entscheidenden Jahre meiner Tätigkeit und Forschung Revue passieren lasse, verschwimmt alles. Ich habe studiert, erhielt das Franz-Werfel-Stipendium zuerkannt und damit die Möglichkeit zu promovieren, nahm an zwei Ausschreibungen teil und lehre heute in Tunis. Mit diesen Worten fasse ich für gewöhnlich meinen bisherigen Werdegang zusammen. Die Vita soll ja die wichtigsten Etappen beinhalten, ohne ins Narrativ zu verfallen. Ich schaue sie mir an und bin immer wieder erstaunt, wie wenig sie mit dem Leben und meinen Erlebnissen gemein hat. Wieviel doch dabei verloren geht.

Meine erste E-Mail an Prof. Wendelin Schmidt-Dengler, an die damalige Botschafterin. Sie alle beginnen verzweifelt. Daneben skurrile Geschichten, an die ich mich heute gar nicht mehr so recht erinnere. Ich entdecke etwa im Archiv eine E-Mail mit dem Titel: „Elefantensuche ins Stocken geraten“ und tatsächlich habe ich damals versucht für eine deutsche Produktionsfirma einen Elefanten aufzutreiben, in Tunis, erfolglos zwar, aber dennoch ..., dass ich es überhaupt versucht habe, wäre eine Geschichte wert. Dann: meine erste Ankunft in Wien Schwechat, Bauarbeiter, die in eine Prüfung hineinplatzen, meine Unbeholfenheit während der ersten Sprechstunde.

Nichts davon enthält meine Vita, alles bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Man sollte deshalb einige neue Überschriften erfinden und für verbindlich erklären. Neben „Werdegang“ sollte auch immer der Abschnitt „Irrfahrt“, „Begegnung mit dem Fremden“, „Entfremdung“ und „Lichtpunkte“ mit einzelnen Punkten aufgefüllt werden. Wer nicht wenigstens bruchstückhaft, sporadisch, stotternd darüber Auskunft geben kann, hat nichts zu erzählen und sollte sich wenigstens ein paar gute Geschichten zurechtlegen.
(Chiheb Mehtelli, Tunesien)

Das Schlusswort möchte ich mir vorbehalten: Ich habe zwölf Jahre lang das Werfel-Programm im OeAD betreut, mich in dieser Zeit immer mehr in die Gemeinschaft integriert, habe immer mehr Werfelianerinnen und Werfelianer persönlich kennen und schätzen gelernt. Ich habe so viel Dankbarkeit, so viel Positives, so viel Persönliches von den Werfelianerinnen und Werfelianern erfahren und durfte die Entwicklung Einzelner vom ersten Werfel-Stipendium bis hin zur Aufnahme in die Nachbetreuung, die wissenschaftliche Karriere und den beruflichen Aufstieg voller Stolz und Bewunderung begleiten.

Leider gibt es auch immer wieder Rückschläge und Umstände, die keine wissenschaftliche Laufbahn ermöglichen. Auch wenn ich das Programm heute nicht mehr selbst betreue, fühle ich mich noch immer sehr eng mit dem Programm und den Menschen verbunden und bin stolz darauf, eine Werfelianerin zu sein.

Autorin: Lydia Skarits, Abteilung Internationale Hochschulkooperation, Leitung des Bereichs Mobilitätsprogramme, Bilaterale und Multilaterale Kooperation.

Zur Übersicht
YouTube ist deaktiviert

Für die Verwendung von YouTube Videos benötigen wir Ihre Zustimmung. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Vimeo ist deaktiviert

Für die Verwendung von Vimeo Videos benötigen wir Ihre Zustimmung. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

OpenStreetMap ist deaktiviert

Für die Verwendung von OpenStreetMap benötigen wir Ihre Zustimmung. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Issuu ist deaktiviert

Für die Verwendung von Issuu benötigen wir Ihre Zustimmung. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.