Ich bin der Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten (VWU) und freue mich, dass ich mal selbst zu Wort kommen darf.
Seit 1962 besuchen mich internationale Studierende, die ein Studium an einer Wiener Universität anstreben, aber davor entweder ihre Deutschkenntnisse vertiefen und erweitern oder Ergänzungsprüfungen aus anderen Fächern ablegen müssen, wenn ihre mitgebrachte Matura als nicht gleichwertig mit der österreichischen angesehen wird. Zu Beginn war ich ganz klein, etwa 50 syrische Studierende waren meine ersten Teilnehmer/innen, mittlerweile kann ich gar nicht mehr alle Studierenden selbst betreuen. In der Sechshauser Straße, wo ich beheimatet bin, können nur etwa 900 Personen aufgenommen werden. Gemeinsam mit meinen beiden Kooperationspartnern (Sprachenzentrum der Uni Wien und die Berater), die in meinem Auftrag Deutschkurse anbieten, kümmerten wir uns im Wintersemester 20/21 um etwa 1.700 Studierende.
Die mir anvertrauten Studierenden haben vier Semester Zeit, um ihren Übertritt ins ordentliche Studium zu schaffen. Und ich kann nur sagen: Ich ziehe meinen Hut vor ihnen! Nicht nur jetzt zu „Corona-Zeiten“, wo viele hier in Wien ganz allein sind und sich zusätzlich Sorgen um Verwandte und Freunde in ihren Heimatländern machen. Nein, auch ganz ohne diese zusätzliche Belastung müssen sie Enormes leisten: Sie wissen, dass sie ihre Prüfungen rechtzeitig ablegen müssen, da anderenfalls ihr Projekt, hier zu studieren, zu Ende ist, bevor es noch richtig begonnen hat. Sie müssen sich aber auch in einer ihnen oft sehr fremden Umgebung, Lernkultur, Bürokratie,… zurechtfinden und in kurzer Zeit Strategien entwickeln, mit all diesen Veränderungen adäquat und erfolgreich umzugehen. Ich – und hier spreche ich auch für alle Menschen, die für mich arbeiten – wir sehen es daher als eine unserer Hauptaufgaben, unsere Studierenden in dieser anspruchsvollen Phase bestmöglich zu unterstützen, zu begleiten und zu fördern – innerhalb des Unterrichts und durch zusätzliche Aktivitäten, die hoffentlich bald wieder möglich sein werden.
Ich möchte nicht unbescheiden sein, aber ein bisschen stolz bin ich schon, wenn sich manchmal VWU-Absolventinnen und -Absolventen noch später bei mir melden und erzählen, wie wichtig und hilfreich diese Zeit für sie war, um hier in Österreich wirklich anzukommen und dann gut „gerüstet“ ins Studium einsteigen zu können.
Ja, und dann sind da noch besagte Ergänzungsprüfungen… bis zu 5.700 sind es pro Studienjahr! Wieder ein Moment, wo ich sehr gern meinen Hut ziehe! Diesmal vor allen an der Erstellung, Durchführung, Evaluierung und Weiterentwicklung beteiligten Personen. Wir – hier spreche ich wieder im Plural – sind uns unserer großen Verantwortung, was das Gewicht unserer Prüfungen angeht, sehr bewusst. Unsere Prüfungen entscheiden schließlich darüber, ob etwa ein Aufenthaltstitel verlängert wird oder ob die Studentin/der Student mit dem angestrebten Studium beginnen kann. Es versteht sich von selbst, dass solch wichtige Prüfungen kommissionelle Prüfungen sind, den Vorsitz hat immer eine Professorin bzw. ein Professor einer unserer sechs einweisenden Universitäten. Und natürlich begleiten uns bei der Prüfungsentwicklung auch externe Expertinnen und Experten.
Am Ende meiner kurzen Vorstellung bleibt mir noch, dem OeAD ganz herzlich zum Jubiläum zu gratulieren – bei mir ist es dann nächstes Jahr so weit!
Autorin: Sonja Winklbauer, Leiterin des VWU
Mehr über den Vorstudienlehrgang Wien (VWU) erfahren Sie hier!