Dr. Maranges, können Sie uns kurz etwas über sich verraten und erläutern mit welchem wissenschaftlichen Thema Sie sich beschäftigen?
Ich bin Postdoc am Fachbereich Umwelt und Biodiversität der Paris Lodron Universität Salzburg (Salzburg, Österreich). Mein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Analyse soziotechnischer Veränderungen im städtischen Regenwassermanagement. Ich interessiere mich sehr für gesellschaftliche Veränderungen in Richtung Nachhaltigkeit. Daher habe ich mich in meiner Forschung bisher besonders auf aktuelle Chancen und Herausforderungen für Veränderungen sowie auf Strategien konzentriert, die die Transformation sowohl aus sozialer als auch aus technischer Sicht ermöglichen. Dies impliziert die Auseinandersetzung mit interdisziplinären Ansätzen und die Anwendung von Methoden und Konzepten sowohl der physischen Geographie als auch der Soziologie. Dazu gehören Analysen der technischen Qualität implementierter Regenwassersysteme, biophysikalischer Veränderungsmöglichkeiten und vorherrschender Wissens- und Machtbarrieren. Trotz meines vorherrschenden Schwerpunkts auf Veränderungen im städtischen Regenwassermanagement beabsichtige ich, andere nachhaltigkeitsbezogene Themen zu untersuchen, wie etwa Veränderungen in der Mobilität. Im Moment beginne ich ein Projekt in diesem letztgenannten Bereich.
Warum haben Sie sich für einen Aufenthalt in der Slowakei entschieden und warum haben Sie für Ihren Forschungsaufenthalt die Universität in Banská Bystrica (UMB) gewählt?
Ich war auf der Suche nach einer Forschungserfahrung im Ausland, die mich als Forscher bereichern und mir eine neue, anregende persönliche Erfahrung bescheren könnte. Ich wollte schon lange einige Zeit in einem slawischen Land verbringen, um zum ersten Mal in die slawische Kultur einzutauchen und einige Wörter einer Sprachfamilie zu lernen, die mir bis dahin unbekannt war (ich habe mich schon immer für Sprachen interessiert). Als ich also die Möglichkeit sah, einen Forschungsaufenthalt in der Slowakei zu verbringen, habe ich nicht lange darüber nachgedacht. Die einfache Erreichbarkeit des Landes mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Österreich aus, die Tatsache, dass wir dieselbe Währung haben (was alle finanziellen Aspekte einfacher macht) und gleichzeitig die kulturellen Unterschiede zwischen Österreich und der Slowakei machten die Slowakei für mich zu einer attraktiven Wahlmöglichkeit. Hinzu kommt noch die einfache Beantragung dieses Stipendiums. Dazu gehört sowohl die Einfachheit des Beantragungsprozesses (der wirklich unkompliziert ist) als auch die Offenheit des Programms für BewerberInnen mit unterschiedlichen Beschäftigungsbedingungen an ihren jeweiligen Universitäten. Andere Programme bieten NachwuchsforscherInnen mit instabilen und marginalen Beschäftigungsverhältnissen keine Möglichkeiten. Dies ist leider die finanzielle Situation, in der sich viele österreichische NachwuchsforscherInnen befinden (darunter auch ich zum Zeitpunkt der Bewerbung). Das Programm bot mir daher eine großartige Gelegenheit, eine bereichernde Erfahrung an einem neuen, anregenden Ort zu machen. Der Erhalt des Stipendiums war gleichzeitig eine große finanzielle Erleichterung.
Was die Universität betrifft, an der ich war, hatte ich vor meiner Bewerbung keine Präferenz für eine bestimmte Einrichtung. Ich suchte nach jemandem, der/die ähnliche Forschungsinteressen hat wie ich, unabhängig von der Universität, an der sie/er ansässig ist. Ich kontaktierte und sprach mit einer slowakischen Soziologieforscherin, die ich durch eine Durchsicht von Aufsätzen über Beispile von Nachhaltigkeitstransformationen in der Slowakei gefunden hatte. Sie empfahl mir, mit KollegInnen an der Universität Banská Bystrica (UMB) in Kontakt zu treten, die sehr offen dafür waren, mit mir zum Thema Transitionen im städtischen Regenwassermanagement zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus berichteten sie, dass sich in der Stadt Banská Bystrica einige Veränderungen in Bezug auf mein Forschungsthema abzeichnen, was den Forschungsbedarf zu diesem Thema dringend machte und die Möglichkeit, dort zu arbeiten, noch anregender machte. Die gemeinsamen Forschungsinteressen mit der Forschungseinrichtung und die beginnenden Transformationsprozesse auf Stadtebene machten die UMB zu einem perfekten Ort für meinen Aufenthalt.
Wie verlief Ihr Aufenthalt in der Slowakei, auf der UMB? Wie war das Leben Banská Bystrica, der Stadt im Herzen der Slowakei?
Banská Bystrica ist eine relativ kleine und ruhige Stadt, umgeben von Hügeln am Tor zur Niederen Tatra. Die Lage war einfach perfekt für mich. Ich lebe nicht gern in großen Städten, daher gefiel mir die ruhige Atmosphäre, die Nähe zur Natur und die Tatsache, dass man in der Stadt überall hinkommt, ohne öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu müssen (also zu Fuß). Die Stadt ist von Hügeln umgeben, daher gibt es viele Wandermöglichkeiten. Historisch gesehen ist es auch eine sehr interessante Stadt, voller Orte, die es zu erkunden gilt. Mir hat sehr gefallen, dass es im Herzen des Landes liegt. Dies macht es zu einem sehr praktischen Standort, um das Land zu erkunden. Der Westen, Osten, Norden und Süden der Slowakei sind alle in angemessener Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Der Aufenthalt an der UMB verlief sehr gut und war eine sehr bereichernde Erfahrung. Die KollegInnen an der UMB waren äußerst freundlich und zuvorkommend und halfen mir sehr, mich einzuleben und meinen Aufenthalt in vollen Zügen zu genießen. Sie waren außerdem sehr motiviert, bei der geplanten Forschung mitzuarbeiten. Die Kommunikation mit ihnen verlief immer sehr reibungslos. Wir diskutierten regelmäßig gemeinsam die verschiedenen Forschungsschritte und sie boten mir jede Menge Hilfe an, wenn es darum ging, slowakische Datenbanken zu nutzen und lokale Stakeholder in die geplanten Aufgaben einzubeziehen. Die Zusammenarbeit mit ihnen war eine großartige Gelegenheit, neue Perspektiven, Methoden und Ansätze in der Forschung kennenzulernen und Ideen zu meinem Forschungsthema auszutauschen.
In welcher Sprache haben Sie auf der slowakischen Institution kommuniziert? Spürten Sie sprachliche Barrieren oder verlief die Kommunikation in Ordnung?
Die Sprache, die ich immer verwendete, war Englisch. Alle KollegInnen, mit denen ich regelmäßig zusammenarbeitete, sprechen sehr gut Englisch. Daher verlief die Kommunikation sehr reibungslos. Ich erlebte einige Sprachbarrieren, wenn lokale Stakeholder, insbesondere AnwohnerInnen, in die Forschung einbezogen werden mussten. Dies kann auf einige Alltagssituationen ausgedehnt werden, da viele Menschen in der Region weder Englisch noch Deutsch sprechen. Die KollegInnen der UMB haben mich jedoch in dieser Hinsicht sehr unterstützt. Daher war dies letztendlich kein Problem. Für mich war es tatsächlich auch eine Gelegenheit, einige slowakische Wörter zu lernen, was mir sehr viel Spaß machte. Es war eine großartige Gelegenheit, einige Wörter in einer slawischen Sprache zu lernen und etwas über die slowakische Kultur zu erfahren.
Wie hat der Aufenthalt in der Slowakei zu Ihrer Forschung beigetragen? War dieser Aufenthalt wichtig für Ihre weitere wissenschaftliche Karriere und akademische Entwicklung?
Die Forschung, die ich während meines Aufenthalts in der Slowakei durchgeführte, baute auf meinen bereits vorhandenen Forschungserfahrungen auf. Während meines Doktoratsstudiums hatte ich ähnliche Forschungen in Österreich und Südfrankreich durchgeführt. Der Aufenthalt in der Slowakei ermöglichte es mir, diese bereits vorhandenen Erfahrungen durch den Erwerb neuer Perspektiven und das Erlernen neuer Forschungsmethoden zu bereichern. Unter anderem konnte ich sowohl von den slowakischen KollegInnen an der UMB als auch von allen lokalen Stakeholder, die ich kennenlernen konnte, neue Perspektiven und Ideen zu Transformationsmöglichkeiten in einem anderen soziokulturellen Kontext (dem slowakischen Kontext) gewinnen. Dies ermöglichte es mir, meine Wahrnehmung der Komplexität und Vielfalt, die Transformationsprozessen inhärent sind, sowie der Vielfalt der verfügbaren Methoden zu ihrer Untersuchung und Unterstützung zu erweitern. Dies allein war ein sehr relevantes Lernen, das in hohem Maße zu meinem akademischen Ehrgeiz beitragen wird, in Zukunft Wege zur Veränderung in verschiedenen soziokulturellen Umgebungen zu untersuchen und zu unterstützen.
Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass ich zum ersten Mal die Gelegenheit hatte, eine Forschungsmethodik (Co-Creation) in die Praxis umzusetzen, die ich zu einem zentralen Aspekt meiner zukünftigen Arbeit machen möchte. Gemeinsam mit meinen slowakischen KollegInnen organisierten wir einen Workshop zur gemeinsamen Gestaltung nachhaltiger Lösungen für das Regenwassermanagement in Banská Bystrica und zur Diskussion von Gelegenheitsfenstern für Veränderungen. Daran waren verschiedene lokale Stakeholder beteiligt. Dies war eine großartige Gelegenheit, aus erster Hand von den Erfahrungen der KollegInnen der UMB bei der Organisation einer solchen Veranstaltung und von den Diskussionen und Anmerkungen der TeilnehmerInnen zu lernen. Diese äußerst wertvollen Erkenntnisse werden die Grundlage für die Entwicklung ähnlicher Co-Creation-Prozesse an anderen Standorten sein, wie dies in anderen Projekten geplant ist, die ich gerade starte. Insgesamt ermöglichte mir der Aufenthalt den Austausch von Perspektiven, Ideen und Forschungsmethoden, was für meine zukünftige Forschungskarriere sehr wertvoll sein wird.
Hat das Stipendium der Aktion Ihre Ausgaben in der Slowakei gedeckt?
Das Stipendium deckte alle meine Ausgaben in der Slowakei. Ich möchte mich bei der SAIA und dem OeAD für die finanzielle Unterstützung bedanken. Vielen Dank für diese großartige Chance!
Würden Sie das Stipendium der Aktion und den Aufenthalt in der Slowakei für Studierende, Doktoratsstudierende. Hochschullehrer und Wissenschaftler aus Österreich empfehlen?
Ich kann Studierenden, Lehrenden und Forschenden aus Österreich nur wärmstens empfehlen, die Gelegenheit zu nutzen, die das Stipendium des Programms bietet. Es gibt so viel, was wir mit unseren slowakischen KollegInnen austauschen und von ihnen lernen können! Abgesehen von der großartigen persönlichen Erfahrung, die ein Aufenthalt in einem anderen kulturellen Umfeld an sich sein kann, ist es eine unvergleichliche Chance, sehr motivierte KollegInnen mit unterschiedlichen Visionen und Kenntnissen kennenzulernen und mit ihnen zu arbeiten. Im Bereich Nachhaltigkeit ist bemerkenswert, dass die Slowakei in Bezug auf die Transition zur Nachhaltigkeit einen anderen Kontext als Österreich darstellt. Dies macht jeden Austausch zwischen slowakischen und österreichischen Forschenden und Studierenden für beide Seiten sehr bereichernd und notwendig, um transformative Wege in beiden Ländern zu ermöglichen.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Mein Hauptziel für die Zukunft ist es, Forschung zu entwickeln, die einen Einfluss auf Nachhaltigkeitstransformationen haben kann. Aus diesem Grund möchte ich Co-Creation zu einem Hauptschwerpunkt aller meiner zukünftigen Forschungsaktivitäten machen. Diese Ambition teile ich mit den KollegInnen der UMB, wenn es darum geht, zu Veränderungen im städtischen Regenwassermanagement beizutragen. Daher wird eines der unmittelbarsten Ergebnisse meines Aufenthalts an der UMB die Unterzeichnung eines Erasmus+-Abkommens zwischen unseren jeweiligen Universitäten (UMB und Paris Lodron Universität Salzburg) sein. Wir hoffen, dass dies unsere zukünftige Zusammenarbeit bei der Durchführung von Forschung und der Unterstützung von Veränderungen in diesem spannenden Bereich erleichtern wird. Wir sind beide bereit, nach einer sehr bereichernden und fruchtbaren Zusammenarbeit während meines Aufenthalts weiter zusammenzuarbeiten.
Mehr über Stipendien der Aktion Österreich - Slowakei erfahren Sie hier:
Aktion Österreich - Slowakei, Wissenschafts- und Erziehungskooperation