Mein Name ist Ivan, ich bin 20 Jahre alt und seit April 2023 Student an der Wirtschaftsuniversität Wien. Mein Studium hier ist das erfolgreiche Ergebnis eines langjährigen Plans, den ich bereits in der 5. Klasse in der ukrainischen Schule geschmiedet habe. Schon als ich nach der 4. Klasse die Schule wechselte und die deutschsprachige Schule besuchte, wusste ich, dass ich meine Zukunft im Ausland sehe. Nach meinem Schulabschluss im Jahr 2022 wählte ich Österreich für meine Weiterbildung. Nach der Aufnahmeprüfung an der WU und allen erforderlichen Ergänzungsprüfungen studiere ich nun endlich an der Uni meiner Träume.
BeAble-Programm für Studierende mit Sonderbedürfnissen
Da ich ein Student mit Sonderbedürfnissen bin, ermöglichte mir die Universitätsverwaltung die Mitgliedschaft im BeAble-Programm. BeAble ist eine Organisation an der WU, die Inklusion für alle Bedürftigen, einschließlich mir, fördert und allen Studierenden mit Sonderbedürfnissen Unterstützung bietet, um den Lernprozess für alle gerecht zu gestalten. Dank BeAble habe ich nun Zugang zu einem speziellen Raum in der Bibliothek, der mit nützlichen Geräten ausgestattet ist, wie einem Text-to-Speech-Apparat, der Texte aus Büchern vorliest. Glücklicherweise benötige ich dieses Gerät nicht. Stattdessen nutze ich die Bildschirme in den PC-Räumen, an die ich meinen Laptop anschließen und alle Texte bequem vergrößern kann. Außerdem nehme ich die Möglichkeit der Vergrößerung von Prüfungsblättern in Anspruch, da die Schriftgröße sonst zu klein für mich ist. Deshalb bitte ich die BeAble-Verwaltung, alle Blätter für mich in einem größeren Format zu drucken.
Meine größte Herausforderung bleibt jedoch, dass ich aufgrund meiner Sehbehinderung mehr Zeit zum Lesen der Bücher benötige als andere Studierende. Ich verbringe mehr Zeit in der Bibliothek und habe am Ende des Tages oft starke Augenschmerzen.
Chancen auf Bildung und Gerechtigkeit für alle schaffen
Es gibt keine Worte, um zu beschreiben, wie dankbar ich für die Unterstützung des BeAble-Programms bin. Es gibt jedoch immer Raum für Verbesserungen. Laut meinen Beobachtungen gibt es an der WU nur sehr wenige Studierende, die ihre Sehkraft vollständig verloren haben. Meiner Meinung nach liegt das an der noch unzureichend entwickelten Infrastruktur für solche Studierende auf dem Campus. Es wurde bereits viel für die Gerechtigkeit getan, aber man sieht Studierende ohne Sehkraft sehr selten. Das bedeutet natürlich nicht, dass es grundsätzlich wenige solcher Studierenden gibt, sondern dass das Unterstützungssystem noch verbessert werden sollte. Hoffentlich sehen wir in naher Zukunft, dass alles einwandfrei funktioniert und immer mehr Menschen mit vollständiger Sehbehinderung bei uns studieren können.
Trotz der Herausforderungen weitermachen
Als ich mein Studium an der WU begann, hatte ich nur wenig Zeit, um mich auf alle Prüfungen vorzubereiten, da ich erst zwei Monate vor meiner ersten Prüfungswoche an die Uni kam. Es wäre keine Übertreibung zu sagen, dass dies die schwierigste Studienzeit für mich war. Alles war neu für mich und ich kannte niemanden, den ich um Hilfe bitten konnte. Innerhalb von zwei Monaten habe ich nicht nur das Studiensystem verstanden, sondern mich auch auf zwei Prüfungen vorbereitet und beide erfolgreich bestanden. Das bleibt für mich der schwierigste, aber auch der stolzeste Moment meines Studiums.
Unterstützung ist wichtig
Ohne die Unterstützung des „Ernst Mach-Stipendiums – Ukraine“ und die Hilfe des BeAble SupportCenters wäre mein Studium kaum vorstellbar gewesen. Dank dieser Programme habe ich eine hohe Motivation und Hoffnung, dass alles möglich ist und auch Menschen mit Behinderungen wie ich die gleichen Bildungschancen und Rechte haben wie andere Studierende. Für diese Möglichkeiten bin ich unglaublich dankbar!
Nächster Schritt: Masterstudium und Firmengründung
Für die Zukunft plane ich einen Abschluss im Studiengang Internationale Betriebswirtschaftslehre und danach die Gründung meines eigenen Unternehmens, da dies mein Kindheitstraum ist. Parallel zur Firmengründung werde ich ein Masterstudium beginnen, dessen Schwerpunkt voraussichtlich im Bereich Baueinrichtung liegen wird.
Abschließend möchte ich allen Leserinnen und Lesern wünschen, dass sie nie ihre Wünsche aufgeben und stets zielstrebig und zuversichtlich bleiben, dass alles möglich ist. Man kann alle Träume verwirklichen, wenn man einen Plan macht und sich nicht von einer Behinderung auf dem Weg zu den Zielen aufhalten lässt.