Die zentrale eTwinning-Koodinierungsstelle in Brüssel hat in den letzten Monaten einen Schwerpunkt auf eTwinning in ländlichen Regionen und entlegenen Gebieten gelegt. Daher werden laufend Artikel zu diesem Thema über Schulen aus verschiedensten Teilen Europas veröffentlicht. Im aktuellsten Artikel, welcher auch auf dem eTwinning-Portal zu finden ist, berichtet die NMS Weitensfeld über ihre eTwinning-Aktivitäten.
Österreich hat mit seinen knapp 9 Millionen Einwohnern eine Besonderheit: Über 62 Prozent der Landesfläche bestehen aus alpinem Hochgebirge. Diese besondere Lage wirkt sich auch im schulischen Bereich aus. Beispielsweise werden laut einer Studie aus dem Jahr 2015[1] in der westlichen Alpenregion 40 % der Grundschulen von 50 oder weniger Kindern besucht.
Auch in anderen Teilen des Landes gibt es noch viele ländliche Regionen. Vor nur 10 Jahren galten ein Drittel aller Schulen im Land als Kleinschulen[2], die sich auf kleine, ländliche geprägte Gemeinden verteilten. Heute geht der Trend immer mehr zu größeren Schulzentren, die breitere Gebiete abdecken und eine direkte Investition und Entwicklung ermöglichen.
Auch wenn sich Rechtslage und praktische Gegebenheiten ändern, bleibt die Arbeit in überwiegend ländlichen Regionen für Lehrkräfte herausfordern. Eine der aktivsten eTwinnerinnen in Österreich ist Frau Gerhild Robing, die in Kärnten lebt. Kärnten ist das südlichste Bundesland Österreichs und liegt in den Ostalpen. Die Region ist bekannt für ihre Berge und Seen.
Gerhild Robinig ist seit 29 Jahren als Lehrerin tätig und beschreibt einen typischen Tag und eTwinning-Aktivitäten an ihrer Mittelschule in der Marktgemeinde Weitensfeld nahe der slowenischen und italienischen Grenze:
Unsere Schule ist eine weiterführende Schule in einer ländlichen Region im südlichsten Bundesland Österreichs (Kärnten). Die Schüler sind zwischen 10 und 14 Jahren alt. Im Augenblick besuchen 112 Schüler unsere Schule. Die Hauptschwerpunkte unserer Arbeit liegen in den Bereichen „Lesen“, „digitale Kompetenz/e-Learning“, „soziales Lernen“ und „eTwinning“.
Die Mehrheit unserer Schüler kommt aus Bergdörfern in der Umgebung (Pisweg, Deutsch-Griffen, Glödnitz, Altenmarkt, Zweinitz). In ländlichen Gebieten haben die Familien noch sehr traditionelle Strukturen. Bei Kindern vom Bauernhof ist die Mutter normalerweise zuhause. Außerdem werden die Kinder häufig auch von den Großeltern unterstützt und betreut, was sich an einer guten Lesekompetenz und liebevoll gestalteten Arbeiten zeigt. Bei den eTwinning-Projekten werden wir auch von den Eltern der Kinder unterstützt.
Etwa um 7:15 Uhr kommen die ersten Schüler mit dem Schulbus aus den umliegenden Bergdörfern. Um 7:45 Uhr beginnen die ersten beiden Schulstunden. Von 9:15 Uhr bis 9:45 Uhr können die Kinder selbständig mit Hilfe ihrer Lehrer unterschiedliche Aufgaben zu verschiedenen Fächern bearbeiten. Die dritte Stunde geht von 9:45 Uhr bis 10:30 Uhr. Danach folgt eine Pause. Die Schüler können etwas essen und sich je nach Wetter frei in der Turnhalle, auf dem Schulhof, in der Aula oder im Klassenzimmer bewegen. Danach ist wieder Unterricht, der je nach Stundenplan und Klassenstufe bis 14:00 Uhr oder 15:00 Uhr dauert. Die Schüler aus dem Umland beginnen den Tag sehr früh und haben oft einen langen Schulweg. Die Entfernungen sind generell in ländlichen Gebieten eine große Herausforderung. Das gilt auch für Ausflüge ins Hallenbad, ins Theater oder andere Aktivitäten, die zwangsläufig sehr zeitaufwendig und teuer sind.
Ein Vorteil unserer Schule ist sicherlich die Nähe zu Ski- und Wandergebieten. Außerdem sind die meisten Schüler sehr motiviert. Kleine und übersichtliche Klassen und Gruppen ermöglichen eine angenehme Lernatmosphäre. So ist eine individuelle Förderung und ein individuelles Lernen der Schüler möglich, da wir sehr schnell und gezielt auf Probleme und Schwierigkeiten eingehen können. Der persönliche Austausch und die Zusammenarbeit unter Schülern, Lehrern, Eltern und Schulleitung ist gewährleistet. Durch die überschaubare Größe des Lehrerkollegiums ist die Kommunikation und der berufliche Austausch sehr gut, aber auch soziale Aspekte kommen nicht zu kurz.
Unsere Schule war in den letzten sechs Jahren bei eTwinning sehr aktiv. In dieser Zeit haben wir an über 20 Projekten teilgenommen und sieben europäische Qualitätssiegel erhalten. Mehrere unserer Projekte wurden auch auf Landesebene ausgezeichnet. Unsere eTwinning-Aktionen fanden bei einigen Lehrkräften und der Schulleitung große Unterstützung, so konnten wir uns bereits zweimal für das eTwinning-Schulsiegel qualifizieren und haben es auch erhalten. eTwinning bietet den Schülern die Gelegenheit, ihre im Unterricht erworbenen digitalen Kompetenzen anzuwenden. Durch den Austausch und Kontakte mit Partnerschulen werden Unsicherheiten und Vorurteile gegenüber anderen Ländern abgebaut. Die Schüler können ihre Erfahrungen teilen und kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten bewusst wahrnehmen. Die Exkursionen im Rahmen der verschiedenen Projekte sind für die ganze Klasse ein spannendes Erlebnis. Auch Sprachkenntnisse werden dabei vertieft. Trotz unserer abgelegenen Lage können wir so mit Schülern aus Nachbarländern kommunizieren und zusammenarbeiten.
Hier gelangen Sie zur Fotogalerie des Projekts
[1] Raggl, Andrea, Smit, Robbert & Kerle, Ursina (Hrsg.) (2015). Kleine Schulen im ländlich-alpinen Raum. Innsbruck: Studienverlag
[2] Hausberger et al. (Hrsg.) (2013). Kleinschulen - quo vadis?: Zur Situation der Kleinschule aus wissenschaftlicher Perspektive. Graz: Logomedia